Dass man mit Deko keine Depressionen heilen kann, ist klar. Studien aus der Wohnpsychologie liefern jedoch Beweise, dass Räume durchaus einen größeren Einfluss auf unsere Psyche haben, als uns bewusst ist.
DISCLAIMER: Ich möchte betonen, dass ich keinesfalls behaupte, dass man psychische Erkranungen wie z.B. Depressionen, Angstzustände oder Burnout allein durch die richtige Wohnungseinrichung heilen kann! Einrichtungstipps können natürlich keine Therapie ersetzen. Ich gebe hier lediglich Wissen in Form von einfach umzusetzenden Tipps weiter.
Einer Studie aus der medizinischen Fachzeitschrift "The Lancet" zufolge litten allein während des ersten Jahres der Corona-Pandemie weltweit 52 Millionen Menschen mehr an einer schweren depressiven Störung, als dass es ohne Pandemie der Fall gewesen wäre. Gerade in der heutigen Zeiten, können wir alle etwas mehr Positivität und Zuversicht gebrauchen. Durch Forschungen der Wohn- bzw. Umgebungspsychologie wurde belegt, dass unsere Umgebung sehr großen Einfluss auf unser Wohlbefinden hat. Mit diesen 10 Einrichtungstipps kannst du dir dieses Wissen zu Nutze machen, um dich in deinem Zuhause wohler zu fühlen. Die Informationen hierzu stammen aus dem Buch "Designology" von der US-Wohnpsychologin Dr. Sally Augustin.
1. Formen
Zu viele Ecken, gerade Linien und scharfe Kanten können unbewusst Unruhe hervorrufen. Wissenschaftlichen Studien zufolge interpretiert unser Gehirn diese als gefährlich und aktiviert die Ausschüttung von Adrenalin und Cortisol, welche auf lange Sicht unserer Gesundheit schaden können. Abgerundete Formen dagegen haben einen beruhigenden Effekt. Vielleicht haben sich gerade deshalb innerhalb der letzten 2 Jahre abgerundetete Möbel zum Trend entwickelt.
Die beste Lösung ist also ganz einfach, ein paar runde Formen in unser Zuhause zu integrieren, zum Beispiel durch runde Spiegel, Vasen, Teppiche oder Lampen. Das heißt auch nicht, dass du viel Geld für die neusten Trend-Möbel und Deko ausgeben musst. Auch kostengünstige, kleine Veränderungen, wie eine Decke oder ein Fell über kantige Stühle zu legen, können schon helfen, Dich besser entspannen zu lassen.
2. Ordnung
Unrdnung kann das Gefühl von Überforderung und Anspannung erzeugen, weil unser Gehirn automatisch immer unsere Umgebung abscannt und Gegenstände in "gefährlich" oder "harmlos" einstuft. Dies läuft automatisch in uns ab und hat Urzeitmenschen vor wilden Tigern gewarnt, um das Überleben zu sichern. Ist ein Raum überladen mit Dingen, hat unser Gehirn viel zu "scannen" und verbraucht zusätzliche, eigentlich unnötige Kapazität, die wir besser nutzen könnten, um z.B. konzentriert zu arbeiten. Denn wenn das Gehirn zu viele Aufgaben auf einmal bearbeitet, auch bekannt aus dem Multitasking, wird das Stresshormon Cortisol produziert, was uns über längere Zeit schadet. In aufgeräumten Umgebungen mit wenig visuellen Reizen geht das Abscannen schnell. Sobald wir die Übersicht haben, signalisiert das Gehirn Entspannung und wir können uns besser auf Tätigkeiten und Gespräche konzentrieren.
Zu leer und steril darf es aber auch nicht sein und natürlich darf man sehen, dass in einem Zuhause auch gelebt wird. Schließlich zeigen wir mit unseren persönlichen Gegenständen auch, wer wir sind und was uns wichtig ist. Aber zu viel Chaos tut uns definitiv nicht gut. Deswegen sind Entspannungsorte wie Spas auch so zurückhaltend und ruhig eingerichtet. Ansonsten würde IKEA seine Musterräume überladen mit dreckigem Geschirr und Schmutzwäsche auf dem Boden präsentieren, um die Verkäufe zu steigern.
3. Pflanzen
Pflanzen sind nicht ohne Grund so beliebt im Interior Design. Der psychologisch stimmungsaufhellende Effekt von Pflanzen (besonders Grünpflanzen mit abgerundeteten Blättern) ist mittlerweile wissenschaftlich nachgewiesen und eine wirklich leichte, günstige Methode, die nicht nur optisch einen großen Nutzen bringt.
Mit Pflanzen bringen wir die Natur nach Innen. Die Natur ist bzw. war schließlich unser natürlicher Lebensraum, lange bevor es Hochhäuser, Großraumbüros und Einkaufsmalls gab. Deswegen gibt es kaum Menschen, die sich beim Anblick von Pflanzen nicht gut fühlen.
Pflanzen können gegen Einsamkeit und Traurigkeit helfen, weil sie Menschen ein Gefühl von "Sinn" geben. Sich um etwas Lebendiges zu kümmern und den Fortschritt beim Wachsen zu sehen, ist sehr befriedigend und man hat das Gefühl, gebraucht zu werden. Sie erzeugen nebenbei auch wertvollen Sauerstoff, aber sogar unechte Pflanzen bringen die gleichen positiven Effekte auf unser Wohlbefinden wie echte! Studien haben gezeigt, dass sogar Bilder von Pflanzen, Wäldern und Landschaften eine ähnliche Wirkung auf unsere Stimmung haben.
4. Bilder
Der Effekt von Bildern ist tatsächlich größer, als man denkt. Neurobiologische Studien haben ergeben, dass Kunst zu betrachten ein ähnliches Gefühl wie Verliebtheit auslösen und Dopamin ausschütten kann.
Dabei muss es kein teures Gemälde sein! Auch ein günstiges Poster kann diesen Effekt erzeugen, solange es gefällt und schöne Gefühle hervorruft. Natürlich gehen auch schöne Fotos, die einen an den traumhaften Urlaub, geliebte Menschen oder Haustiere erinnern.
Farbenfrohe Bilder wirken belebend, während Bilder mit gedeckten, ruhigen Farben und Formen für Entspannung sorgen. Für Schlafzimmer eigenen sich z.B. ruhige, abstrakte Bilder oder schöne Landschaften in neutralen Tönen.
5. Spiegel
Spiegel sind ein beliebtes Mittel im Interior Design, weil sie Räume optisch vergrößern und -wenn geschickt platziert- auch Tageslicht der Fenster reflektieren und dadurch den Raum heller machen. Die Position von Spiegeln ist jedoch wirklich mit Bedacht auszuwählen, besonders wenn ein Raum schon sehr unruhig ist. Denn ein Spiegel reflektiert auch all die herumliegenden Dinge und Unordnung und verdoppelt so das Chaos noch!
Spiegel können unter Umständen auch einen negativen Effekt auf Menschen haben, die mit ihrem Äußeren nicht zufrieden sind und ständig vorm Spiegel stehen, um ihre vermeintlichen "Makel" zu betrachten. Sie können an manchen Stellen auch gut durch Bilder ersetzt werden. Aber gerade in Räumen, die sehr voll sind, ist es auch durchaus okay, mal eine Wand frei zu lassen. Das gibt "Luft" zum Atmen.
6. Materialien
Zu viele Einrichtungsgegenstände aus Plastik, synthetische Textilien oder Möbel mit Kunststoffbeschichtung können eine negative Wirkung auf die Gesundheit haben, zum Beispiel durch die Ausdünstungen. Laminatboden ist übrigens ebenfalls kunststoffbeschichtet, auch wenn es durch die Holzoptik natürlich erscheint.
Zu viele "kalte Materialen" in einem Raum wie Glas, Metall und Hochglanzmöbel wirken nicht sehr gemütlich. Natürliche, warme Materialen dagegen, wie Holz, Ton, Jute, Wolle oder Baumwolle sorgen dafür, dass wir uns wohl fühlen.
Wir Menschen suchen unbewusst immer den Kontakt zur Natur (da wir alle, auch wenn man es ab und zu vergisst, aus der Natur stammen). Deswegen fühlen wir uns wohl, wenn wir Holz sehen oder über weiche Felle streicheln. Wohnpsychologische Untersuchungen haben ergeben, dass Menschen sich generell wohler auf Teppichen fühlen als auf glatten Böden und länger auf Teppichboden verweilen möchten. Wenn Böden stark glänzen, nehmen wir ihn als rutschig wahr, auch wenn er es gar nicht ist. -Wieder eine Programmierung unseres Gehirns, das Gefahren vermutet. Tausche, wenn möglich, einige der kalten und künstlichen Gegenstände in deiner Wohnung gegen natürliche aus und du wirst den Unterschied spüren.
7. Tageslicht
Eine der ausschlaggebendsten Faktoren für unsere Stimmung ist Tageslicht. Der Körper produziert bei Sonnenlicht Serotonin, welches unsere Stimmung hebt. Bei Studien in einem Krankenhaus wurde herausgefunden, dass Patienten, die ein sonniges Krankenzimmer hatten, Tage früher entlassen werden konnten als Patienten mit denselben Syptomen, die in Zimmern mit nur wenig Tageslicht untergebracht waren.
Wenn deine Wohnung nicht viel Tageslicht hat, kannst du versuchen, durch Spiegel, helle Farben und Lampen mehr Helligkeit zu erzeugen. Achte auch darauf, dass deine Vorhänge so aufgehängt sind, dass sie im offenen Zustand nicht zu viel vom Fenster verdecken, sondern möglichst neben dem Fenster hängen oder lass sie ggf. ganz weg.
8. Beleuchtung
Richtige Beleuchtung kann ebenfalls sehr unsere Stimmung beeinflussen. Nicht nur die Helligkeit, sondern auch die Lichtfarben spielen dabei eine große Rolle, denn unser circadiane Rhythmus (Schlaf-Wach-Rythmus) richtet sich nach dem Tageslicht und seiner Farbe. Bei Sonnenaufgang ist das Licht warm, vormittags und mittags, wenn wir am aktivsten sind, ist das Licht kühler, eher weiß-bläulich, gegen Abend wird es wieder warm, eher gelblich und bei Sonnenuntergang sehen wir orange und rot. Wenn die Dämmerung einsetzt, werden wir automatisch müde. Wird dieser natürliche Rythmus gestört, etwa durch zu viel Blaulicht von unseren Handy- und PC-Bildschirmen, kann das zu Schlafstörungen und Stimmungstiefs führen. Deswegen haben viele Geräte die Möglichkeit im Nachtmodus auf wärmeres Licht umzuschalten.
Auch wichtig ist die Position der Beleuchtung. Sind Leuchten sehr grell und auch noch so angebracht, dass sie von der Decke direkt nach unten strahlen, (wie in einem Verhörzimmer der Polizei) fühlen wir uns schnell unwohl. Wenn das bei deiner Esszimmerlampe zum Beispiel der Fall ist, achte darauf, dass die Lampe dimmbar ist oder wähle eine wärmere Lichtfarbe aus. Lichtfarben werden in Kelvin angegeben. Je niedriger die Zahl, desto wärmer das Licht. Generell sollte man das Licht auf den Wohnbereich bzw. die Tätigkeiten abstimmen:
WARMWEISS
Bei einer Lichtfarbe bis zu 3.300 Kelvin spricht man von Warmweiß. Es ist perfekt für Wohn-, Ess- oder Schlafzimmer. Meine Empfehlung für das pefekte Wohlfühllicht sind 2.700 Kelvin.
UNIVERSALWEiSS
Licht zwischen 3.300 und 5.300 Kelvin ist als Universalweiß bekannt und fördert die Konzetration und Leistungsfähigkeit. Optimal für Arbeitszimmer, Küche und Bad.
TAGESLICHT
Alles, was mehr als 5.300 Kelvin hat, wird als "Kaltweiß" bezeichnet und besitzt einen hohen Blauanteil, wodurch unser Biorythmus aktiviert wird. Es ist gut für Räume, die wenig Tageslicht bekommen, wie Keller oder Werkstatt. Es gibt auch spezielle Tageslichtlampen, die z.B. gegen Winterdepressionen helfen können.
9. Farbe
Psychologisch gesehen hat Farbe einen sehr großen Effekt auf uns, was durch zahlreiche Studien belegt wurde und z.B. in der Werbung genutzt wird. Warum sollten wir uns dieses Wissen nicht zu Nutze machen, um unsere Stimmung zu verbessern?
Kühle Farben wie Blau, Grün und Lilatöne haben einen beruhigenden Effekt auf uns, da sie uns an das Blau des Himmels erinnern, grüne Natur oder lila Lavendel.
Warme Farben wie Rot, Orange und Gelbtöne erinnern an Feuer und Sonne und werden als wärmend und gemütlich wahrgenommen.
Zimmer, die komplett weiß oder grau eingerichtet sind, können ungemütlich wirken und zur Folge haben, dass das Gehirn in eher negative Gedanken abdriftet. Auf das Thema Farben bei der Einrichtung gehe ich ausführlicher in meinem Blogbeitrag "Wie Farben uns beeinflussen" ein.
10. Düfte
Man mag von Aromatherapie halten, was man will, aber Studien zufolge haben Düfte, auch wenn wir diese nicht mal bewusst wahrnehmen, einen Einfluss auf uns. Dies wird schon lange im Einzelhandel eingesetzt, um unser Kaufverhalten zu beeinflussen. Gerüche, die als angenehm empfunden werden, reduzieren Stress und steigern die Stimmung. Ist unsere Stimmung gut, kommen wir besser mit anderen aus, sind leistungsfähiger, kreativer und besser darin, Lösungen zu finden. Und wer will das nicht?
Forschungen haben ergeben, dass Räume, die angenehm riechen, als heller, größer und sauberer empfunden werden. Gerüche, die Ängste reduzieren können, sind Orange, Vanille und der Duft von Blüten (besonders Hyazinten und Jasmin).
Ylang-Ylang wirkt beruhigend. Ebenso sorgen Mango und Lavendel für Entspannung.
Wollen wir wach und aktiv sein, kann der Geruch von Minze, Salbei, Rosmarin und Kaffeebohnen helfen.
Energetisierende Gerüche sind außerdem Grapefruit, Mandarine, Eukalyptus und Pfefferminze.
Der Duft von Zitrone und Kaffee lässt uns außerdem kreativer denken. Zitrone hat einen doppelten Vorteil: Sie hebt die Stimmung und hilft gleichzeitig, konzentriert zu lernen oder arbeiten.
Natürlich kommt es immer auf das persönliche Empfinden an. Wenn man mit einem Geruch negative Erinnerungen verbindet, sollte man ihn natürlich nicht verwenden.
Ich hoffe, ich kann dem ein oder anderen mit diesen Tipps helfen, sich zu Hause ein bisschen wohler zu fühlen. Falls du jemanden kennst, dem es gerade nicht gut geht, würde ich mich freuen, wenn du diese Informationen teilst. Damit meine ich nicht unbedingt, dadurch dass du diesen Beitrag teilst, sondern einfach, indem du das Wissen weitergibst. Auch kleine Tipps können manchmal viel helfen.
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